You are currently viewing Kasuistik 07 — Postoperative Radialislähmung

Kasuistik 07 — Postoperative Radialislähmung

Kasuistik

Radialislähmung nach Arthroskopie des Ellenbogens

Die 65jährige Frau B. hat­te bereits seit Mona­ten zuneh­men­de Schmer­zen im li. Ell­bo­gen­ge­lenk. Ein Unfall­ereig­nis war nicht erin­ner­lich. Die MRT-Unter­su­chung zeig­te meh­re­re freie Gelenk­kör­per, so dass im Febru­ar 2019 eine ambu­lan­te Arthro­sko­pie mit chir­ur­gi­scher Ent­fer­nung der frei­en Gelenk­kör­per durch­ge­führt wur­de. Die Wund­hei­lung ver­lief zwar kom­pli­ka­ti­ons­los, aller­dings war offen­sicht­lich bei der OP der Radia­lis-Nerv ver­letzt wor­den. Die Pati­en­tin hat­te jetzt eine Teil­läh­mung der li. Hand (Fall­hand). Dies wur­de auch neu­ro­lo­gisch und neu­ro­chir­ur­gisch unter­sucht und bestätigt.

Ich sehe die Pati­en­tin kurz nach der OP. Hier zeigt sich eine fast voll­stän­di­ge Ner­ven­läh­mung des Radia­lis­nerv mit Fall­hand. In den nächs­ten Wochen und Fol­ge­mo­na­ten erfolgt die Behand­lung über den Neu­ro­lo­gen, ins­be­son­de­re durch Phy­sio­the­ra­pie (Kran­ken­gym­nas­tik). Lei­der kommt es dar­un­ter zu kei­ner Besserung.

Homöopathische Erstanamnese

Ende Juli kommt die Pati­en­tin zur homöo­pa­thi­schen Ana­mne­se:
Die rech­te Hand ist unver­än­dert teil­ge­lähmt („Fall­hand“).

Bei der Ana­mne­se lässt sich wenig Cha­rak­te­ris­ti­sches eru­ie­ren. Aller­dings behand­le ich die Pati­en­tin bereits seit eini­gen Jah­ren. Als Vor­er­kran­kung ist Asth­ma bekannt, was aller­dings bereits unter der homöo­pa­thi­schen The­ra­pie prak­tisch voll­stän­dig abge­klun­gen ist. Seit eini­gen Wochen besteht aller­dings eine leich­te Hei­ser­keit und zeit­wei­se Hus­ten­reiz, tro­cke­ner Reiz­hus­ten. Wei­ter­hin bestehen immer mal wie­der Gelenk­be­schwer­den bei bek. Arthro­se, ins­be­son­de­re der Knie. Ver­schlech­te­rung bei nass­kal­tem Wet­ter. Den­noch liebt sie eher küh­les als hei­ßes Wetter.

Cha­rak­ter-Selbst­ein­schät­zung: Gewis­sen­haft, ver­ant­wor­tungs- und pflicht­be­wusst, beharr­lich und manch­mal auch etwas stur. Wün­sche: Sie möch­te ger­ne mehr ver­rei­sen und frem­de Län­der kennenlernen.

Nah­rungs­mit­tel: Abnei­gung gegen Milch, und Fleisch. Unver­träg­lich­keit von Zwiebeln.

Ängs­te: öfters Angst vor Einbrecher.

Repertorisation und Mittelfindung:

Cha­rak­te­ris­ti­sche Symptome:

  • All­ge­mei­nes — Verletzungen
  • All­ge­mei­nes — Spei­sen und Geträn­ke — Fleisch — Abneigung
  • Magen — Ver­dau­ungs­stö­rung — Zwie­beln agg.
  • Extre­mi­tä­ten — Schmerz — Ell­bo­gen — links
  • Kehl­kopf und Tra­chea — Stim­me — hei­ser, Heiserkeit
  • Gemüt — Rei­sen — Ver­lan­gen nach
  • Gemüt — Beharrlichkeit
  • Gemüt — Furcht — Räu­bern, vor
  •  
  • Außer­dem: Asth­ma in der Vorgeschichte

Verordnung:

Aus­schlag­ge­bend hier: Kali­um phos. Ist auch bei Asth­ma indi­ziert, das Mit­tel hat mias­ma­tisch eini­ge tuber­ku­li­ni­sche Eigen­schaf­ten, bei der Pati­en­tin z. B. auch: Ver­lan­gen zu Reisen.

Ver­ord­nung: Nach Ana­ly­se des Fal­les bekommt die Patientin:

Kali­um phos. C30, was sie ins­ge­samt 3x ein­nimmt, jeweils 5 Glob.

Materia Medica – Abgleich

Hier eini­ge Pas­sa­gen aus J. T. Kent: Homöo­pa­thi­sche Arz­nei­mit­tel­bil­der (Haug-Ver­lag): 

 

Kalium phosphoricum (Kaliumphosphat)

……(Halb­sei­ti­geTT88) Läh­mun­genAT17 von all­mäh­lich zuneh­men­der Erschöp­fung der Ner­ven­kraft in fri­schen Fäl­len, wie etwa nach Diph­the­rie.GS;AZ98,52 Taub­heits­emp­fin­dun­gen an ein­zel­nen Stel­len.DI …… Es besteht eine aus­ge­spro­che­ne Erkäl­tungs­nei­gung. ……durch Ver­küh­lung (Kalt­wer­den) wie im Anschluss dar­an, durch Betre­ten eines kal­ten Raums, durch Gehen im Frei­en und durch Auf­ent­halt in nass­kal­ter Wit­te­rung. // …… beson­ders Ver­schlim­me­rung durch kal­te Geträn­ke und durch Milch. ……Vol­ler Befürch­tun­genDI und AngstAT16, beson­ders abends im Bett und in der NachtTT83

Tro­cken­heit des Hal­ses, beson­ders abends.DI Viel Schleim im Hals, mor­gens nach dem Auf­ste­hen, manch­mal sal­zig schme­ckend.DI Nei­gung, sich zu räus­pern. .…Rei­zung der Atem­we­ge – Kehl­kopf und Luft­röh­re – in kal­ter Luft. Katarrh der Atem­we­ge, mit dickem, gelb­lich­wei­ßem Aus­wurf DI. Wund­heit, Krat­zen und Kit­zel in Larynx und Tra­chea. Stimm­lo­sig­keit durch Läh­mung der Stimm­bän­der.GS Hei­ser­keit infol­ge Über­an­stren­gung der Stimmor­ga­ne.AT44.….…Atem­notAT45, beson­ders nachts. Ner­vö­ses Asth­maAT44 mit gedrück­ter Stim­mung.AZ98,52 »Kurz­at­mig­keit; asth­ma­ti­sches Atmen beim Trep­pen­stei­gen.«GS  … Hus­ten: < am Mor­gen, abends im Bett sowie nachts; ……. Kur­zer Hus­ten oder Hüs­teln. Loser Hus­ten. Quä­len­der Hus­ten. Asth­ma­ti­scher Hus­ten. »Krampf­hus­ten, // ..Rheu­ma­ti­sche Steif­heit in den Glie­dern zu Beginn der Bewe­gung nach län­ge­rer Ruhe. Taub­heits­emp­fin­dun­gen an den obe­ren und unte­ren Extre­mi­tä­ten: Hän­deDI und Fin­ger­spit­zenDI, Unter­schen­kelDI ….

Verlauf, Follow up:

Sechs Wochen spä­ter erfolgt die Fol­ge­ana­mne­se: Nach der Ein­nah­me hat bereits eine deut­li­che Reak­ti­on und Bes­se­rung ein­ge­setzt: Die Fin­ger las­sen sich wie­der leicht stre­cken, wenn auch mit wenig Kraft und die Pati­en­tin berich­tet über Krib­bel­par­äs­the­sien im Unter­arm (= Gefühl von Amei­sen­lau­fen, was typisch ist, wenn sich der Nerv erholt). Nach Mona­ten des Still­stan­des ist es jetzt in kur­zer Zeit zu einer Bes­se­rung gekom­men, was m. E. ein­deu­tig gegen eine „zufalls­be­ding­te Selbst­hei­lung“ spricht.

Auch ist sie psy­chisch in guter Ver­fas­sung; hat auch mehr Ener­gie. Neben­be­fund­lich: Hei­ser­keit und Hus­ten sind auch abgeklungen.

Ver­ord­nung: Wie­der­ho­lung von Kali­um phos. C30, aber nur ein­ma­lig 1×5 Glob.

 

In den nächs­ten Mona­ten kommt es zu einer wei­te­ren Bes­se­rung; Ende Okto­ber kann sie dann sogar die Hand wie­der flüs­sig stre­cken. Im Janu­ar wird das Mit­tel erneut 1×5 Glob. (ein­ma­lig) wie­der­holt. Im Febru­ar kann sie wie­der nor­mal ihrer Arbeit nachgehen.

Eine Schwä­che im rech­ten Dau­men ist aller­dings zurückgeblieben.

Ein Ter­min im April ist wegen der Coro­na-Kri­se lei­der aus­ge­fal­len. Bis­her war die Pati­en­tin auch nicht wie­der in der Praxis.

Fazit:

Auch wenn hier nur ein Mit­tel ver­ab­reicht wur­de: Wahr­schein­li­cher ist, dass sie noch wei­te­re homöo­pa­thi­sche Mit­tel brau­chen wird.

Aber man sieht: Läh­mun­gen las­sen sich mit einer homöo­pa­thi­schen Behand­lung posi­tiv beeinflussen.

Copyr­hight Dr. Kars­ten Karad 2020

Schreibe einen Kommentar

+ 81 = 90